Das Traditionsunternehmen Thonet im hessischen Frankenberg feiert sein 200jähriges Bestehen. Anlässlich dieses Jubliäums präsentiert die Neue Sammlung – The Design Museum in München eine der Ausstellung von Thonetmöbeln, die vom Produktdesigner Steffen Kehrle inszeniert wurde und die bis zum 02.02.2020 besichtigt werden kann.
Mit rund 400 Objekten besitzt die Neue Sammlung eine der weltweit größten und bedeutendsten Sammlungen von Thonetmöbeln. Diese spannt einen Bogen von der Entwicklung industriell gefertigter Bugholz- und Stahlrohrmöbeln bis zu den jüngeren Entwürfen und repräsentiert ein bedeutendes Kapitel europäischer Unternehmensgeschichte.
Wegbereiter der Bugholzmöbel war Michael Thonet (1796-1871). Der aus dem rheinischen Boppard stammende, seit 1842 in Wien lebende Schreinermeister setzte bleibende Maßstäbe für die Formgebung des Maschinen- und Industriezeitalters. Während seine Konkurrenten mit Hilfe von Drechsel- und Schnitzmaschinen historische Formen nachahmten, ging Thonet einen völlig neuen Weg. Er schuf sein fundamental modernes Formenrepertoire aus den von ihm selbst entwickelten neuen technologischen und produktionstechnischen Möglichkeiten. Thonet verwirklichte ein zukunftweisendes Prinzip: Form als Ergebnis industrieller Fertigungsmethoden.
Die grandiose Leistung Thonets bestand in einem Verfahren, Buchenholzstäbe unter Dampfeinwirkung und Druck in geschwungene Formen zu biegen – ein Verfahren, das sich bestens für die Serienproduktion eignete. Neu war auch, dass die Einzelteile nicht mehr verleimt, sondern geschraubt wurden. Dadurch ließen sich die Stühle zerlegt verschicken. In eine Kiste mit einem Volumen von einem Kubikmeter passten 36 Stühle des Modells Nr. 14. Die weitblickende kaufmännische Strategie und Vertriebspolitik machten das Unternehmen Thonet zu einem in seiner Zeit einzigartigen Phänomen. Nahezu jährlich erschienen umfangreiche Kataloge. Thonet exportierte in alle Welt. Bis zum Ersten Weltkrieg kamen über 1400 verschiedene Modelle auf den Markt. Trotz der Fülle an Modellen besaßen viele Möbel standardisierte Elemente; Typisierung und Serienproduktion erlaubten erschwingliche Preise. Das Konzept war überaus erfolgreich – der berühmte „Konsumsessel“ Nr. 14 wurde bis 1910 über 50 Millionen Mal verkauft.
Mit dem Aufkommen der Stahlrohrmöbel Ende der Zwanzigerjahre ging die Vorherrschaft der Bugholzmöbel zunächst zu Ende, aber Thonet konnte auch in diesem neuen Bereich wieder erfolgreich produzieren. In den 1930er-Jahren war das Unternehmen der weltweit größte Produzent von Stahlrohrmöbeln, die unter anderen von den berühmten Bauhäuslern wie Ludwig Mies van der Rohe oder Marcel Breuer stammten. Diese Möbel stehen für eine Abkehr vom Dekor, für eine schmucklose Formensprache, deren Klarheit die Zweckmäßigkeit des Objektes betont. Die Einfachheit der rechtwinkligen Konstruktionen stellen ihre Funktionalität, Ergonomie und Ökonomie in den Vordergrund. In Abwendung von den Formen der Gründerzeit und des Jugendstils stehen sie mit ihrer industriell geprägten Formensprache für eine neue Zeit und eine Haltung, die die Gesellschaft positiv verändern wollte.
Die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ist geprägt durch Designer wie Eddie Harlis und Verner Panton oder in der jüngeren Zeit durch Entwürfe von Norman Foster, Konstantin Grcic, Stefan Diez oder Sebastian Herkner.
Für die Ausstellungsinszenierung plant Steffen Kehrle einen hellen und klaren Raum, der sich durch weite Blicke und eine sachliche Präsentation der Exponate auszeichnet. Der in München lebende Steffen Kehrle ist in den Bereichen Industrie-, Ausstellungs- und Interiordesign tätig und gründete 2009 das ASK (Atelier Steffen Kehrle). Mit einfachen Mitteln entwickelt er für seine Produkte eine charakteristische Gestalt, die selbsterklärend ist und selbstverständlich erscheint.
Quelle: Thonet
Bilder: Thonet
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